Vorwort
Jacques Bühler, Gesamtprojektleiter
Vital Meyer, stellvertretender Gesamtprojektleiter
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser
2021 war ein weiteres wichtiges Jahr für das Projekt Justitia 4.0. Mit der Ausschreibung einer adaptierbaren Grundversion der Plattform «Justitia.Swiss», über welche der elektronische Rechtsverkehr und die elektronische Akteneinsicht abgewickelt werden wird, konnte ein wichtiger Meilenstein erreicht werden auf dem Weg zum digitalen Wandel der Schweizer Justiz. Dieser Meilenstein markiert den Schritt von der rund zweijährigen Konzeptions- in die Realisierungsphase. Jetzt wird es konkret in einem zweistufigen selektiven Verfahren werden Partner für die Entwicklung der Plattform beziehungsweise für deren technischen Betrieb gesucht. Am Ende des Berichtsjahres konnte die erste Phase der Beschaffung abgeschlossen werden. Das gewählte Vorgehen erlaubt spätere Anpassungen an gesetzgeberische Vorgaben und technische Veränderungen.
Das Projekt Justitia 4.0 wird durch eine kritische Öffentlichkeit begleitet. Wir bewegen uns in einem politischen Umfeld, das es immer zu berücksichtigen gilt. So erhoben die Digitale Gesellschaft und eine IT-Firma beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Ausschreibung der Plattform. Dieses entschied jedoch Anfang 2022, mangels Beschwerdelegitimation nicht auf die Beschwerde einzutreten. Auch die Ablehnung des E-ID-Gesetzes in der Volksabstimmung vom März 2021 hatte Auswirkungen auf das Projekt. Denn auch beim Projekt Justitia 4.0 stellt sich die Frage, wer die Plattform betreiben wird. Der Staat oder ein privates Unternehmen? Das Parlament wird dazu das letzte Wort haben, gesucht wird deshalb in der Ausschreibung ein technischer Betreiber insbesondere für die ersten drei Jahre, in denen sich die Plattform noch in einer Test- und Pilotphase befindet.
Der digitale Wandel, welcher den Zugang zur Justiz erleichtern wird, geht über den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Akteneinsicht hinaus. Denn die Referenzakte ist gemäss dem Vorentwurf des Gesetzes zur Plattform (BEKJ) künftig digital zu führen. Dies bedeutet, dass jede Justizbehörde eine Applikation zum effizienten und benutzerfreundlichen Arbeiten mit dieser eAkte benötigt. Die Dokumente müssen veraktet sowie Aufgaben zugewiesen werden können, und es braucht ein Werkzeug für die Verwaltung und Durchdringung von eingereichten Aktenstücken. Das Teilprojekt eJustizakten-Applikation (JAA) hat diese Problemstellung im Fokus. 2021 hat es verschiedene bestehende Lösungen unter die Lupe genommen, die Absichten der Justizbehörden erhoben und eine Machbarkeitsstudie zum österreichischen elektronischen Justizarbeitsplatz gestartet. Im 2022 werden den Justizbehörden verschiedene Angebote für eine solche Applikation unterbreitet, aus denen sie bei Interesse auswählen können.
Seit Beginn wird das Projekt Justitia 4.0 als Transformationsprojekt geführt: Zentral sind die Menschen, die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer. Voraussetzung, damit sie sich einem veränderten Arbeitsumfeld stellen, sind ein Mindset-Change und Kulturwandel. Sind sie bereit dazu? Das Projekt fühlt mit dem Change-Barometer, der 2021 zum ersten Mal durchgeführt wurde, den Puls. Zusammen mit den Leitungspersonen der Justizbehörden möchte das Projektteam den Projektnutzen in den Fokus rücken und allfällige Hürden gemeinsam überwinden.
Ein Highlight des Berichtsjahres war die Nationale Informationsveranstaltung Justitia 4.0 im November. Zum zweiten Mal nach dem Kick-off vom Februar 2019 haben wir unsere Auftraggeber aus der Judikative und Exekutive, die Leitungspersonen der Justizbehörden, die Fachgruppenmitglieder und weitere Interessierte zu einem Informationsanlass eingeladen. Die Pandemie erlaubte lediglich einen hybriden Event mit rund 100 Personen vor Ort in Bern. Weitere 600 Personen haben die Veranstaltung via Livestream verfolgt. Die Veranstaltung zeichnete sich aus durch einen gelungenen Informationsmix zum Stand des Projektes, durch einen Einblick in die digitale Arbeitsweise eines deutschen Richters und in laufende Digitalisierungsprojekte einzelner kantonaler Justizbehörden. Gerade diese sind speziell gefordert bei diesem Projekt, müssen sie sich doch fit machen, damit ihre IT-Systeme an die Plattform «Justitia.Swiss» angebunden werden können und damit ihre Mitarbeitenden dereinst mit Freude die Akten digital bearbeiten.
Mit dem Projektfortschritt nehmen auch die Komplexität und die Arbeitslast zu, weshalb das Projektteam um Fachpersonen aus dem technischen Bereich, der Transformation sowie der Projektunterstützung erweitert wurde. Es hiess aber auch Abschied nehmen, insbesondere von Roger Schneeberger, dem Generalsekretär der KKJPD, welcher dem Steuerungsausschuss seit Beginn des Projekts als Co-Präsident vorstand. Wir danken Roger Schneeberger für seinen unermüdlichen Einsatz, seine Unterstützung für das Projekt und wünschen ihm alles Gute für den neuen Lebensabschnitt. Der Dank geht aber auch an die Mitglieder des Projektausschusses und des Steuerungsausschusses für die Begleitung des Projektes, die interessanten Diskussionen und die zahlreichen Inputs. Auch dem Projektteam und den Mitgliedern der Fachgruppen danken wir für das grosse Engagement und die hoch geschätzte Arbeit für das Projekt.
Jacques Bühler, Gesamtprojektleiter
Vital Meyer, stellvertretender Gesamtprojektleiter