Projekt 2: eJustizakte-Applikation (JAA)

Aktivitäten

Akten zu Justizverfahren werden künftig digital geführt, die elektronische Akte wird die führende Akte in den Justizbehörden sein. Deshalb braucht es ein System zum effizienten und benutzerfreundlichen Arbeiten mit der eAkte. Dieses beinhaltet das revisionssichere Verwalten der Akten, die Aufgabenverwaltung und -zuweisung, beziehungsweise ein Werkzeug für das Arbeiten mit PDF-Dokumenten und Aktenstücken. Denn Hervorhebungen mit dem Leuchtstift, Post-it-Zettel zur Markierung von Stellen oder handgeschriebene Randnotizen werden der Vergangenheit angehören. Diese technische Lösung, die eJustizakte-Applikation (JAA), wird die bestehenden Fachapplikationen (Juris, Tribuna, Individualentwicklungen), welche Informationen zur Verfahrenskontrolle oder Daten zu den Verfahrensbeteiligten beinhalten, nicht ersetzen, sondern ergänzen. Justitia 4.0 hat den Auftrag, eine JAA zu entwickeln und den Justizbehörden zur Verfügung zu stellen.

Im Berichtsjahr wurden in diesem Teilprojekt folgende Aktivitäten durchgeführt:

  • 1

    Bedürfnisabklärung zur JAA

    Die Justizbehörden sind frei, die von Justitia 4.0 zu entwickelnde JAA zu verwenden. Deshalb führte Justitia 4.0 im Sommer 2021 eine Umfrage unter den Justizbehörden der Kantone und des Bundes durch. Damit konnten ihre Bedürfnisse und Absichten bezüglich der Umsetzung ihres elektronischen Arbeitsplatzes beziehungsweise der JAA herausgefunden werden. Alle 56 angeschriebenen Justizbehörden haben die Umfrage beantwortet. Die meisten Justizbehörden streben an, in 5 Jahren, d.h. beim geplanten Inkrafttreten des BEKJ (2027), ihren Mitarbeitenden eine technische Lösung bereitzustellen, damit sie dann digital arbeiten können. Die Mehrheit, nämlich 32 dieser 56 Justizbehörden (57%), welche über 60% (4766) der Justizarbeitsplätze verfügen, wollen eine durch Justitia 4.0 bereitgestellte umfassende JAA, ohne Ersatz der heutigen Fachapplikationen. So können Synergien genutzt und Einsparungen erzielt werden, denn die einzelnen Justizbehörden verfügen meist nicht über die nötigen Ressourcen für eine selbstständige Umsetzung.

  • 2

    Entwicklung von Leitsätzen zur JAA

    Das Projektteam entwickelte Leitsätze zur JAA, welche als übergeordnete Richtlinie für den Projekt-Scope, die Architekturvarianten und die Anforderungen dienen. Sie helfen, klare Rahmenbedingungen zu schaffen und mögliche Befürchtungen zu entschärfen. Die Leitsätze wurden so weit geschärft und beschrieben, dass diese Anfang 2022 von den Steuerungsgremien verabschiedet werden können.

  • 3

    Analyse bestehender Lösungen

    In den vergangenen zwei Jahren wurden vier bestehende Lösungen analysiert. Die Lösung «Digitaler Justizarbeitsplatz Österreich» (ehemals eIP-AT), welche sich in staatlichem Besitz befindet, wurde im Jahre 2019 im Rahmen eines formellen Assessments positiv beurteilt und anschliessend im Jahr 2020 mit Schweizer Justizvertreterinnen und -vertretern getestet. Aufgrund der positiven Feedbacks wurde im Berichtsjahr eine Machbarkeitsstudie initiiert. Mit der Machbarkeitsstudie wird evaluiert, ob diese Lösung geeignet ist für einen breiten Einsatz in der Schweiz und insbesondere wie diese mit bestehenden Schweizer Fachapplikationen integriert werden könnte. Die Möglichkeiten einer Helvetisierung, insbesondere die Anpassung an unsere Mehrsprachigkeit, werden beurteilt. Zudem wird die Benutzerfreundlichkeit vertieft geprüft und eine belastbare Kostenschätzung für eine mögliche Übernahme erstellt. Teil der Studie ist auch eine Analyse der Qualität des Source-Codes. Mit den Studienpartnern Kanton Bern (welcher bei den Gerichten die Fachapplikation Tribuna einsetzt), den Gerichten des Kantons Aargau und des Bundesverwaltungsgerichts (welche beide die Fachapplikation Juris im Einsatz haben) sowie des Kantons Genf (mit einer eigenentwickelten Fachapplikation) wird mit der Unterstützung des österreichischen Justizministeriums die Studie durchgeführt. In diesem Zusammenhang fanden auch mehrere Live-Demonstrationen der Lösung statt.

    Das Assessment des eDossier-Gerichte, der Lösung des Bundesgerichtes, wurde abgeschlossen. Bereits früher wurden VIS-Justiz (diese Lösung ist in Baden-Württemberg im Einsatz) sowie das eAktenportal Gerichte Basel-Stadt assessiert. Funktional wie auch technisch gibt es unter den vier analysierten Lösungen beträchtliche Unterschiede.

Nächste Schritte

Die geleisteten Vorarbeiten werden es 2022 erlauben, die Lösungen zu vergleichen, gewisse auszuscheiden und die verbliebenen so zu vertiefen, dass unter Kenntnis der Stärken und Schwächen und der organisatorischen Aspekte, ein JAA-Angebot an die Justizbehörden formuliert werden kann. Die ausgewählte Variante wird den Justizbehörden Ende 2022 durch das Projektteam vorgestellt, damit die Justizbehörden eine formelle Bestellung Anfang 2023 bei Justitia 4.0 aufgeben können.